"Kann man mit der Leica M professionelle Fotos erstellen?"
Diese Frage war der Aufhänger unseres heutigen Talks.
Mit Blick auf die Historie der Marke Leica muss man zugeben, sie ist natürlich extrem provokant.
Wenn man sich überlegt welche Geschichten, Bildikonen der vergangenen Jahrzehnte mit dieser Kamera aufgenommen wurden, wer bin ich, dass ich mir anmaße etwas darüber zu erzählen, was man mit dieser Kamera machen kann?!
Berechtigte Frage!
Ich bin nebenberuflich selbstständiger Fotograf in den Bereichen Musik und Sport.
Ich arbeite mit Bands, Veranstaltern, Sponsoren, Medienpartnern, Presse-Abteilungen und Vereinen.
Zugegeben, nicht alle meine Bilder entstehen
mit einer Leica M.
Heute soll es aber auch garnicht so sehr um das gehen, womit man seine Bilder macht, sondern um das wie,
die Frage: Was weiß ich, was kann ich und: Was muss ich noch lernen?
Oft aber höre ich, was man mit bestimmten Kameras alles NICHT fotografieren kann; was man UNBEDINGT braucht und worauf man bei PROFESSIONELLEM Equipment achten muss:
Da dachte ich mir..."Leute, ich fotografiere Basketball auch mit ner M...ohne Autofokus und ohne Serienbild..."
Als ich dann so darüber nachdachte: Leica wirbt damit "Auf das Wesentliche reduziert!"
Aber...was ist denn in der Fotografie eigentlich "das Wesentliche"? Worauf reduziert sich Leica denn eigentlich genau?
Und, ist eine Reduktion ein Nachteil? Oder habe ich von diesem "Verzicht" sogar einen Mehrwert?
Also, was MUSS eine Kamera denn wirklich KÖNNEN, damit ich damit fotografieren kann?
Ich muss:
All das kann ich mit meiner Leica M. Klar, sie kann manche Dinge nicht aber:
Es gab schon vor 50 Jahren Konzertfotos, Sportfotos, Reportageaufnahmen aus dunklen Umkleiden oder Backstage Bereichen...wie ging das denn alles ohne High ISO Performance???
Was heißt denn eigentlich PROFESSIONELL? Gibt es PROFESSIONELLES EQUIPMENT oder ist das Blödsinn?
Weil: Was zur Hölle ist denn dann UNPROFESSIONELLES EQUIPMENT?
Was ist denn eigentlich ein PROFESSIONELLER-FOTOGRAF?
Und worin liegt der Unterschied zu einem UNPROFESSIONELLEN Fotografen?
Geht es bei der Unterscheidung darum, dass der eine Geld mit seinen Bildern verdient und der andere nicht?
Ist die Qualität der Fotos ein Kriterium? Ist es am Ende doch das verwendete Equipment?
Oder hat es mit dem fertigen Produkt, also dem bearbeiteten und ausgelieferten Bild letztlich vielleicht garnicht so viel zu tun?
Ich denke Letzteres!
In meinen Augen ist FOTOGRAF ein SOZIALER BERUF, denn immer, wenn man einen Auftrag bekommt gibt es entsprechend einen Auftraggeber, einen Menschen, der etwas von mir als Fotograf haben möchte und ERWARTUNGEN an mich hat.
Je nach Auftrag muss ich mehr oder weniger eng mit diesem, oder anderen Menschen zusammenarbeiten,
bin vielleicht sogar Teil eines größeren Teams.
PROFESSIONALITÄT zeichnet sich durch HALTUNG und ERFAHRUNG aus.
EMPATHIE und PERSPEKTIVENÜBERNAHME sind wichtige SCHLÜSSELWÖRTER.
Ich muss meine Ausrüstung beherrschen, wissen was verlangt wird, in welchem Rahmen ich meine eigenen Ideen einbringen kann und ich muss mich so verhalten, dass alle Beteiligten ihren Job gut machen können und eine gute Zeit haben.
Der Satz klingt beim ersten Mal lesen vielleicht etwas sperrig aber mein Credo lautet:
"I am we!"
Frei übersetzt, wie auch immer ich mich verhalte, strahlt das auf meine Umgebung ab.
Bringe ich meine schlechte Laune ans Set, zum Auftrag, dann beeinflusst das alle und hinterlässt letztlich keinen guten Eindruck und führt auch meist nicht zum gewünschten Ergebnis.
Voigtländer 35mm Color Skopar f2.5
Mit der M11 Monochrom wollte ich eine Kamera mit in den Fotograben nehmen, die einfach möglichst wenig kann,
das ist jetzt garnicht wertend gemeint. Sie sollte einfach möglichst wenige Automatiken bieten und mir darüber hinaus
auch noch eine wichtige Entscheidung bei der Bearbeitung abnehmen: Farbe oder schwarz-weiß?
Die Antwort war von Anfang an klar:
Die M11 Monochrom kann nämlich nur schwarz weiß.
Die Blicke der anderen Fotografen sprachen wie immer Bände. Wenn sie da stehen, zwei Kameras mit Batteriegriff und großen Objektiven...dann wirke ich dagegen eher wie der Praktikant eines kleineren Musik-Magazins, wenn ich da mit einer so kleinen Kamera und einem 35er ankomme. Und da ist aber jetzt mein Punkt für dich: Lass dich nicht einschüchtern und vergleiche dein Equipment nicht mit dem anderer Fotografen! Jeder arbeitet anders, sieht anders, setzt seinen Fokus vor Ort auf andere Motive und braucht entsprechend auch andere Ausrüstung. Wer dich aufgrund dessen belächelt, was du vor Ort zum Einsatz bringst...naja...müssen wir nicht drüber reden.
Unsicherheiten sind völlig normal, ebenso wie Zweifel und Unzufriedenheit.
Nach meinem letzten Rock im Park Wochenende war ich auch extrem unzufrieden mit meinen Bildern.
Ich hatte jeden Tag die Bilder der Fotografen gesehen, die offiziell für das Media-Team des Veranstalters vor Ort waren.
Ihr müsst euch denken: Während den Konzerten steht man ja im Grunde nebeneinander, im gleichen Fotograben, vor der gleichen Band...und dann sieht man danach Bilder, bei denen man sich denkt: Wo zur Hölle stand der nur, dass der so ein Foto machen konnte? Und wo verdammt war ich? Warum hab ich das nicht? Oder: Wow, der Look und die Bearbeitung ist aber richtig genial, dagegen wirkt meins ja richtig flach...
Ich kann euch beruhigen: Diesen Fotografen geht es umgekehrt genauso! Jeder hat Phasen, in denen er an sich zweifelt, unzufrieden mit sich ist, die Lust verliert, weniger motiviert ist, darauf kommt es nicht an.
Die Frage ist: Was macht ihr mit diesem Gefühl? Macht ihr weiter wie bisher? Hört ihr auf? Ändert ihr euren Stil um 180 Grad?
ISO: 6400
Blende: f8
1/250
"Alle Wege führen nach Rom."
Ich will absolut nicht darüber urteilen wie jemand arbeitet oder zu welchem Ergebnis er kommt.
Vor zwölf Jahren, als ich anfing, war ich ehrlich gesagt selbst zu doof ein Objektiv ohne Anleitung am Kamerabody anzubringen.
Ich spreche auch nie von guten oder schlechten Fotos, denn Fotografie ist etwas sehr Subjektives.
Ich kann sagen was mir nicht gefällt, was mich stört, was ich anders machen würde, aber letztlich denke ich gibt es in Bezug auf Kreativität immer Menschen, denen gefällt, was mir persönlich vielleicht eher nicht gefällt.
Der Punkt ist doch: Finde etwas, das dir Spaß macht und versuche besser zu sein als am Tag davor.
Wenn ihr euch schon unbedingt vergleichen wollt, dann vergleicht eure aktuellen Arbeiten mit dem, was ihr noch vor einigen Wochen oder Monaten gemacht habt. Schaut nicht so sehr auf andere Fotografen, die gibt es ja schon.
Klar, holt euch Ideen, Inspiration, aber dann macht euer eigenes Ding daraus und, entschuldigt den Wortlaut aber:
Scheißt drauf, was andere darüber denken, solange ihr damit zufrieden seid!
Es geht doch nicht primär darum Geld mit eurem Hobby zu verdienen. Es geht darum Freude an etwas zu haben, das man völlig frei und nach eigenem Tempo und eigenen Maßstäben gestalten kann. Ihr findet immer jemanden, der euch belächelt,
blöd findet was ihr tut, euch schlecht machen will, euch einredet, dass ihr nichts könnt, niemand seid, dass das nie etwas werden wird, bla, bla, bla...
Nehmt euch das nicht zu Herzen!
Wenn ihr jedoch vorankommen wollt, vielleicht auch mal den einen oder anderen Auftrag bekommen und Geld mit dem verdienen möchtet, was euch Spaß macht, dann müsst ihr an euch arbeiten.
Ihr müsst wissen für wen ihr fotografieren wollt, was die Person braucht, euch vorstellen wie der Alltag dieser Person aussieht.
Eine Band auf Tour beispielsweise kann nichts mit Bildern anfangen, die zwei Wochen nach dem Gig ankommen und ist erschlagen, wenn sich in der Galerie, die ihr ihnen zukommen lasst, 400
Bilder befinden.
In diesem Fall macht es auch keinen Sinn die Bilder in voller Auflösung zu schicken.
Vielleicht hat die Band nur selten Zugriff auf eine gute Internetverbindung und hat keine Zeit ewig zu warten,
bis die Files heruntergeladen sind. Ihr müsst wissen wie ihr die Kunden abholt, ihnen also klarmacht, warum sie ausgerechnet euch nehmen sollen.
Seien wir mal ehrlich, die Welt braucht keinen weiteren Fotografen, davon gibt es genug, vor allem verdammt viele,
verdammt gute...
Fotografie, Musik, Schauspiel, Sport...das alles ist Kampf!
Es braucht viel Übung, Fleiß, harte Arbeit, Disziplin, Zeit und, damit etwas daraus werden kann, immer auch ein bisschen Glück.
Man kann nicht sagen: "Ich werde der berühmteste Fotograf, Musiker, Sportler etc. der Welt!", und sich darauf verlassen,
dass es auch so kommt.
In keinem Fall wird einem was geschenkt und das Härteste ist immer die Arbeit an sich selbst.
Ich kann mich gut erinnern, als das mit den Digitalkameras alles so losging. Der ganze Tech Talk und die Gear Wars über Megapixel und Spec-Sheets...
Heute habe ich das Gefühl, wir sind nicht weitergekommen.
Wir fühlen uns immer noch minderwertig, wenn wir nicht das neueste, teuerste Equipment haben.
Dabei vergessen wir leider oft: Das Problem bei schlechten Bildern...steht hinter der Kamera!
Vielleicht sollten wir lieber mal mehrere Hundert Euro im Jahr in die Hand nehmen und Portfolio Reviews von Profis,
also Menschen mit Erfahrung buchen, die schon für große Magazine und Veranstalter gearbeitet haben;
den Austausch suchen, an Workshops teilnehmen, Bücher lesen, Ausstellungen besuchen etc.
Aber, jeder, der mal eine Diät gemacht hat oder neue Vorsätze zum neuen Jahr in die Tat umsetzen wollte weiß:
Es ist schwer an Gewohnheiten und an sich selbst zu arbeiten und, es tut auch manchmal weh, sich selbst in Frage zu stellen,
sich kritisch damit auseinanderzusetzen wie man ist und wie man Dinge handhabt...da ist es natürlich bedeutend leichter auf die schlechte Ausrüstung zu schimpfen...
Die D-LUX 8 ist eine kleine Kompaktkamera mit einem Micro 4/3 Sensor. Sie stammt aus dem Hause Leica, hat den markanten roten Punkt und kostet "nur" knappe 1.600 Euro. Für das Geld muss es keine Leica sein, aber für 10.000 Euro muss man sich auch keine Rolex kaufen. Es geht hier nicht immer zwingend um rationale Entscheidungen.
Sehen wir mal von den Marken ab:
Übrig bleibt eine Kamera, mit einem kleinen Sensor und einem festen Objektiv, das ich nicht wechseln kann.
Man lässt sich gerne einreden, was man alles nicht machen kann und nimmt das leider viel zu oft einfach so hin.
Ich kenne viele Fotografen, die sich ihr Traum-Equipment hart erspart haben und damit gerne mehr machen möchten, nur hat ihnen irgendwer mal erzählt, dass bestimmte Dinge "damit aber nicht gehen!" SCHWACHSINN!
Welche Ausrüstung du "brauchst" hängt davon ab, welchen Anspruch du zum Einen an dich selbst hast bzw. was dich interessiert und was du gerne umsetzen würdest und, ob es Kunden gibt,
die bestimmte Erwartungen an dich haben, die sie erfüllt sehen wollen.
Heutzutage gibt es keine schlechten Kameras mehr.
Es gibt genug Fotografen,
die weltweite Werbekampagnen mit Kameras fotografieren, die 15 Jahre alt sind und nur noch vom Gaffa Tape zusammengehalten werden,
weil eine Kamera ist für den Fotografen,
also den Unternehmer, ach ja hups,
das sind selbstständige Fotografen ja, eine Investition, die sich rechnen muss.
Ein Upgrade lohnt sich nur, wenn man davon einen spürbaren Mehrwert hat.
Für den Endverbraucher spielt es keine Rolle, ob der Autofokus meiner Kamera der schnellste auf dem Markt ist, das Bokeh wirklich kreisrund oder das fertige File 50 statt 24 Megapixel hat.
Der Kunde braucht ein schönes Foto, das dem entspricht, was er sich vorstellt.
Wie und womit man das abliefert ist egal, nur der Preis und das Ergebnis müssen passen.
Zum Abschluss würde ich gerne ein Zitat mit dir teilen, das mir hängen geblieben ist:
"Don't fall off your ladder, craining your neck, watching other people climbing theirs!"
Übersetzt heißt das:
"Falle nicht von deiner Leiter, weil du dir den Hals dabei verdrehst anderen zuzusehen, wie sie auf ihrer Leiter nach oben steigen."
Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Ziele, unterschiedliche Lernkurven, unterschiedlichen Grundvoraussetzungen. Kann sein, dass jemand absolut keinen Schimmer davon hat was er da an seiner Kamera einstellt,
die Person hat aber viel Vitamin B, kennt Gott und die Welt, ist ganz unterhaltsam aber macht technisch und kreativ gerade mal mittelmäßige Fotos...ja, da kann man sich drüber ärgern, wenn der geile Aufträge bekommt und du, obwohl du bessere Bilder machst etc. eben nicht. Bringt aber nichts.
In der Zeit wo du dich darüber ärgerst kannst du auch daran arbeiten besser zu werden.
Was heißt denn "Besser"? Fotografie ist kein richtiger Wettbewerb.
Im Kern geht es immer um die Auseinandersetzung und Begegnung mit Menschen. Kann man miteinander oder kann man nicht. Wenn man nicht gerne zusammenarbeitet ist auch die Qualität der fotografischen Arbeit eher zweitrangig, vor allem bei Portraits, Bandshootings, Hochzeitsreportagen, der Begleitung von Bands on Tour etc. Wenn du ein Arsch bist ist es egal, wie geil deine Bilder sind! Und wenn deine Bilder der Hammer sind, aber du keine Aufträge bekommst, dann frag dich, woran liegt das?
Sichtbarkeit, Kommunikation, Auftreten, Website, Netzwerk etc.